Mittwoch, 7. Oktober 2009

Formen des Utilitarismus

Handlungsutilitarismus

„Handlungsutilitaristen sind der Meinung, man solle, was richtig oder pflichtgemäß ist, im allgemeinen (oder zumindest wenn es durchführbar ist) unter unmittelbarer Heranziehung des Prinzips der Nützlichkeit entscheiden; mit anderen Worten: man solle herauszufinden suchen, welche der möglichen Handlungen vermutlich das größte Übergewicht von guten gegenüber schlechten Konsequenzen in der Welt herbeiführen wird.
Man muss sich fragen: Welche Folgen wird meine Ausführung dieser Handlung in dieser Situation haben?

Und nicht: Welche Folgen wird die allgemeine Ausführung derartiger Handlungen in derartigen Situationen haben? Verallgemeinerungen wie „Die Wahrheit zu sagen, dient wahrscheinlich immer dem größten allgemeinen Wohl“ oder „Die Wahrheit zu sagen dient im allgemeinen dem größten allgemeinen Wohl“ mögen als Faustregeln, gegründet auf in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen, von Nutzen sein; aber die entscheidende Frage ist stets, ob es in diesem Fall dem größten allgemeinen Wohl dient, die Wahrheit zu sagen, oder nicht. Es kann niemals richtig sein, der Regel, die Wahrheit zu sagen, Folge zu leisten, wenn in einem konkreten Fall stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dem genannten Ziel mit einer Lüge besser gedient ist.“


Regelutilitarismus

Der Regelutilitarismus betont die zentrale Rolle von regeln für die Moral und besteht darauf, - wenn schon nicht immer, so doch im Allgemeinen – konkrete moralische Entscheidungen im Einklang mit einer Regel zu fällen (wie der Regel, die Wahrheit zu sagen), ohne Rücksicht darauf, welche Handlungsalternative in der betreffenden Situation die besten Folgen hat.

Dabei sind Regeln stets so zu wählen, dass sie ihrerseits auf das größte allgemeine Wohl ausgerichtet sind. Das heißt, die Frage lautet nicht mehr, welche Handlung am nützlichsten ist, sondern welche Regel. Wenn wir eine Regel in Betracht ziehen, so sollten wir uns nicht fragen „Was werden die Folgen sein, wenn ich in diesem Fall so handle?“, sondern „Was wären die Folgen, wenn jeder in derartigen Fällen so handelte?“ – eine Frage, die wir uns tatsächlich in unseren moralischen Überlegungen häufig stellen. Das Utilitätsprinzip wird – im Normalfall zumindest – nicht bei der Festlegung unserer konkreten Pflichten relevant, sondern bei der Festlegung von Regeln, nach denen diese sich richten. (…)
Das bedeutet, dass es für den Regelutilitaristen die Pflicht geben kann, einer Regel einfach deshalb zu folgen (etwa der Regel, die Wahrheit zu sagen), weil es nützlich ist, diese Regel zu haben, selbst wenn im konkreten Fall die Befolgung der Regel nicht zu den besten Folgen führt.“

Quelle: William K. Frankena, Analytische Ethik. Eine Einführung, München: dtv 1986, S. 55f. (behutsam bearbeitet)


Präferenzutilitarismus

Der Präferenzutilitarismus ist eine moderne Variante des Utilitarismus, die vor allem vom australischen Philosophen Peter Singer entwickelt wurde.
Basierend auf dem klassischen Utilitarismus, der den moralischen Wert einer Handlung an ihrer Tendenz zur Minimierung von Leid (Schmerz) bzw. zur Maximierung von Lust (Freude) bemisst, überprüft der Präferenzutilitarismus den Grad der Übereinstimmung der Präferenz eines Wesens mit den Auswirkungen einer Handlung. Der Begriff "Präferenz" bezeichnet hier universal jedes Interesse eines Wesens (dieses kann sich aus der Empfindungsfähigkeit begründen, aber auch rationaler Natur sein). Er meint also nicht nur den Wunsch, welcher konkret im Augenblick und Zusammenhang der Handlung vorliegt, sondern vielmehr die generellen Interessen des betroffenen Wesens (etwa das rationale Lebensinteresse, wie es bei distinkten Entitäten vorliegt).
Fällt die Präferenz mit der Auswirkung der Handlung zusammen, ist die Handlung moralisch gut. Missachtet der Handelnde die Präferenz eines Wesens, so muss er notwendigerweise einen Ausgleich dafür finden (etwa durch die Beförderung einer entgegengesetzten Präferenz in höherem Maße), da die Handlung andernfalls moralisch schlecht ist. Die Vereitelung der Präferenz einer Person fällt hierbei in der Regel schwerer ins Gewicht als dies bei anderen Wesen der Fall ist (vor allem im Bezug auf die Tötung, welche bei Personen niemals ausgleichbar ist) - sie begreifen sich als distinkte Entitäten und ihre Interessen sind langfristiger und weitaus komplexer.
Eine Person zu töten bedeutet [...] normalerweise nicht nur eine, sondern eine Vielzahl der zentralsten und bedeutendsten Präferenzen, die ein Wesen haben kann, zu verletzen. Sehr oft wird dadurch alles, was das Opfer in den vergangenen Tagen, Monaten oder sogar Jahren zu tun bemüht war, ad absurdum geführt. (Lit.: Singer, 1994, S. 129)


Literatur: Peter Singer: Praktische Ethik. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart: Reclam 1994. Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Päferenzutilitarismus

Samstag, 3. Oktober 2009

Abschuss von entführten Passagierflugzeugen (Luftsicherheitsgesetz) rechtfertigbar?

Zur Illustration des utilitaristischen Prinzips brachte Vera im Interview die Fragestellung ein, inwiefern es gerechtfertigt sein könne, als allerletztes Mittel ein von Terroristen entführtes Passagierflugzeug abzuschießen, um Menschenleben zu retten. Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema. Ergänzen Sie bitte, ggf.

Das Luftsicherheitsgesetz aus 2005.(Besonders § 14: Einsatzmaßnahmen)

Die Bundesregierung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Artikel/2001-2006/2006/02/2006-02-15-urteil-zum-luftsicherheitsgesetz.html

Presseerklärung des Bundesverfassungsgerichts: http://www.bundesverfassungsgericht.de/bverfg_cgi/pressemitteilungen/bvg06-011

Samstag, 19. September 2009

Kommunikatives Handeln und Diskurs


Hier sind noch einige Versuche zu Begriffsklärungen. Ich beziehe mich auf eine schon recht alte Arbeit von Jürgen Habermas, (links 2007 in Berkeley) nämlich: „Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der kommunikativen Kompetenz“, erschienen zuerst 1971 in dem zusammen mit Niklas Luhmann veröffentlichten Band: Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie – Was leistet die Systemforschung?, Frankfurt: Suhrkamp, S. 114ff.

Es gibt zwei Arten der umgangssprachlichen Kommunikation oder Rede:

1. das kommunikative Handeln oder die Interaktion, und
2. den Diskurs im engeren Sinne (Habermas), im Unterschied zu dem im Sinne Marie Lenas.

Kommunikatives Handeln besteht gewöhnlich in sprachlicher Äußerung, muss es aber nicht. Auch stumme Interaktionen sind möglich, etwa Handlungen und Gesten. Das ist bei Diskursen anders. Zwar begleiten außersprachliche Äußerungen das sprachliche Geschehen, sie sind aber nicht Bestandteil des Diskurses. Im kommunikativen Handeln (Interaktion) wird die Geltung von Sinnzusammenhängen einfach vorausgesetzt. Es geht um den Austausch von Informationen. Im Diskurs geht es gerade nicht darum, Informationen auszutauschen, sondern darum zu überprüfen, ob die Ansprüche, die in kommunikativem Handeln oft unbewusst erhoben werden von allen, die an der Kommunikation beteiligt sind geteilt werden. Im Diskurs geht es also um eine Verständigung über die uns schon bekannten „Geltungsansprüche“. Der Prozess der Verständigung (der „Diskurs“) erfolgt auf die Weise der Begründung oder, was dasselbe meint: der Argumentation. Im Diskurs wird die ideale, so nie wirklich gegebene Situation unterstellt, dass nur das bessere Argument und sonst nichts zählt. Also zum Beispiel nicht das Ansehen oder die Autorität oder die Macht der am Diskurs beteiligten Personen. Es ist also ein sehr hoher Anspruch, wenn man sagt, man wolle dies oder jenes in einem freien Diskurs der Argumente aushandeln.

Geltungsansprüche

Damit Kommunikation überhaupt funktioniert, setzen wir voraus, dass der Andere ein zurechnungsfähiges Subjekt ist, das weiß was es tut, dies nötigenfalls begründen kann und das seine Ziele intentional vertreten kann. Wir erheben, wie Habermas es ausdrückt, damit vier Geltungsansprüche: den Anspruch auf Verständlichkeit, auf Wahrheit, auf Wahrhaftigkeit und auf Richtigkeit.

Verständlichkeit ist Basisvoraussetzung für jede gelingende Kommunikation, erst wenn sie gewährleistet ist können andere Geltungsansprüche eingelöst werden.
Sodann erhebt der Sprecher in jedem Sprechakt den Anspruch, dass seine Aussagen, das worüber gesprochen wird, wahr sind. Wird dieser Anspruch problematisiert, so kann die Kommunikation abgebrochen werden, mit Zwang durchgesetzt oder ein theoretischer Diskurs eröffnet werden.
Ebenfalls muss unterstellt werden, dass die geäußerten Absichten (Intentionen) wahrhaftig sind. Ob der Andere mich täuscht oder nicht kann in einem Diskurs nicht entschieden werden. Vertrauen erwächst nur im Verlauf von kommunikativen Handlungen, so dass ich erfahren kann, ab sich seine Handlungen an seinen Absichten messen lassen können.
Auch kann ein Sprechakt in Bezug auf einen anerkannten normativen Kontext (Geltung von Normen in einer Gruppe: Angemessenheit des Benehmens z.B.) richtig oder angemessen sein. Wird dieser Normenkontext problematisiert, so ergeben sich wieder die Alternativen des Kommunikationsabbruches, der zwanghaften Durchsetzung oder dem Eintritt in einen Diskurs, jetzt dem praktischen.
Im kommunikativen Handeln (Interaktion) werden die Geltungsansprüche naiv unterstellt, in theoretischen oder praktischen Diskursen werden die jeweiligen Geltungsansprüche problematisiert.

Quelle: Rudolf Süsske

Samstag, 12. September 2009

Unser Text im englischen Original

Wenn Sie das englische Original unseres Textes:
An Introduction to the Principles of Morals and Legislation (1781)
(Eine Einführung in die Prinzipien der Moral und der Gesetzgebung)
einsehen möchten, dann können Sie diesen Link nutzen: http://www.utilitarianism.com/jeremy-bentham/index.html#three

Sie finden unseren Text im Ersten Kapitel / Chapter One: Of the Principle of Utility.
Den lateinischen Abschnittsbezeichnungen im Originaltext entsprechen die arabischen Ziffern und Zahlen in unserem Text.

Jeremy Bentham - Auto-Ikone


"Nach seinem Tod wurde Bentham in der Anwesenheit von Anatomiestudenten und seinen engsten Vertrauten seziert. Gemäß seinem letzten Willen wurde sein Leichnam „auto-ikonisiert“. Durch die Auto-Ikonisierung wird der Leichnam – entweder ganz oder nur der Kopf – nach den Methoden der neuseeländischen Maori mumifiziert, um ihn für die Nachwelt zu erhalten. Den Begriff der Auto-Ikone definiert Bentham als «a man who is his own image». Durch die Auto-Ikonisierung sollte jeder Mensch über seinen Tod hinaus als Auto-Ikone sein eigenes, lebensechtes Monument bilden. Benthams Kopf wurde durch die Auto-Ikonisierung dermaßen verunstaltet, dass man sich gezwungen sah, anstelle des Originals ein Wachsmodell von Benthams Konterfei anfertigen zu lassen. Das Skelett Benthams wurde mit Stroh ausgestopft und mit seinen Kleidern angezogen. Mit seinem neuen Kopf und dem Spazierstock in der Hand kann Benthams Auto-Ikone in einer Glasvitrine des University College in London besichtigt werden."

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Bentham, dort erhalten Sie natürlich noch weitere Infos über Person und Leben.

Freitag, 11. September 2009

Herkunft der Moral (Ronja)

Herkunft der Moral
Die Moral hat ihren Ursprung in der Kindheit,in der die Moralvorstellungen z.B. der Eltern ect. den Kindern anerzogen werden. Im späteren Alter lernt der Mensch zusätzlich durch eigene Erfahrungen und bildet so die eigene Moral.

Norm (Joana)

Norm:

Konkretisierung eines Wertes als Inhalt von Erwartungen, die Menschen aneinander hegen.(bzw. ein anerkanntes Handlungsprinzip)
Vielleicht lässt sich hier noch hinzufügen, dass Normen das Zusammenleben in einer Gesellschaft erleichtern, da sie Werte verbindlich erscheinen lassen und allgemeine Beschreibungen und Maxime sind, die das Handeln beeinflussen sollen.

Binnenmoral (Vera)

Binnenmoral:
gruppenspezifische Sittlichkeit einer kleineren Gruppe, die sich von der in der Gesellschaft üblichen Moralvorstellung unterscheidet / unterscheiden will.

Ethischer Diskurs (Marie Lena)

Ethischer Diskurs*:
Als ethischen Diskurs bezeichnet man die Basis der Ethik: einen Austausch von Argumenten oder guten Gründen mit dem Ziel der Verständigung, also alle ethischen Theorien, deren zentrales ethisches Kriterium der Diskurs ist.
(Dafür muss die normative Vorraussetzung gegeben sein, nämlich die wechselseitige Anerkennung der Menschen als mündige Person, zwischen denen eine vernünftige Verständigung grundsätzlich möglich ist.)
*Diskurs:
Als Diskurs bezeichnet man eine lebhafte Eröterung bzw. Unterhaltung im Sinne einer öffentlichen Diskussion bzw. eines "hin und her gehenden Gesprächs".

Tradition und moralischer Standard (Annika)

Tradition: -aus dem Lateinischen: weitergeben
-die Weitergabe von Bräuchen von Generation zu Generation
 
"moralischer Standard":

Standard: vergleichweise einheitliche/vereinheitlichtet, weithin anerkannte und meist auch angewandte Art und Weise, etwas durchzuführen.
Moral:
Handlungsmuster, -konventionen, -regeln, -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen, Kulturen
Also bezeichnet moralischer Standard vereinheitlichte Handlungsprinzipien bestimmter Gruppen.

Moral (Jacqueline)

Der Begriff der Moral beschreibt Verhaltensregeln/faktische Handlungsmuster, die in Kulturen und auch Gruppen zu finden sind, aber von Gemeinschaft zu Gemeinschaft unterschiedlich sein können.

Von der jeweiligen Moral sind oftmals Handlungen und auch praktische Urteile abhängig.
Die Moral ist eine Art Zustimmung, die Unmoral hingegen zeigt eher eine Ablehnung (z.B. „XY hat Unmoralisch gehandelt“ à Ablehnend/ Negativ).
Die Bedeutung des Moralbegriffs ist ähnlich den Begriffsbedeutungen „Ethos“ & „Sitte“.

Ethos (Andrea)

Ethos (Griech: Gewohnheit, Sitte, Brauch/ Charakter, Sinnesart, Brauch, Sitte, Gewohnheit )

Beschreibt die dem Einzelnen vorgängige und ihn mit prägende Lebensgewohnheit. Ethik wird aus Ethos abgeleitet. Nach Aristoteles bezeichnet Ethos die Art der Überzeugung, die durch Autorität und Glaubwürdigkeit überzeugt.

Ethik (Sonja)

Ethik ist das Philosophieren über Moral.
Moralische Fragestellungen ("Was sollen wir tun?") werden überdacht.
Unter Ethik als philosophischer Disziplin versteht man die Lehre von den Normen menschlichen Handelns.
Große Uneinigkeit herrscht darüber, woran man Sitte und Moral abhängig machen kann und welche Bedeutung sie für die Gesellschaft haben.
Allgemein hat man sich auf bestimmte Sitten und Bräuche festgelegt, um eine ideale Kommunikation im zwischenmenschlichen Leben zu garantieren.
Ethik gibt antworten auf das, was wir und andere tun sollen (das "Gute") bzw. was wir und andere nicht tun sollen (das "Schlechte").

Sitte und Brauch (Lara)

Sitte:
Sitte beschreibt die Art des Handelns & Verhaltens (vor Allem des geforderten und erwarteten Mussverhaltens), die aufgrund langer Gewohnheiten befolgt wird.
Sie kann innerhalb einer Gemeinschaft verbindlich sein und beruht auf den Moralgesetzen.

Brauch:
Der Brauch ist ein von der Sitte gefordertes, sozial bestimmtes, bei gewissen Anlässen geübtes traditionelles Verhalten.