Montag, 12. Februar 2018

Argumente gegen die klassische Theorie der Demokratie nach Schumpeter

Bildergebnis für klassische demokratie
Die Pnyx mit Rednertribüne, in klassischer Zeit Ort der attischen Volksversammlung.

Schumpeter lehnt die klassische Theorie der Demokratie ab. Gründe:


  1. Die Idee des Gemeinwohls ist eine Fiktion: "Erstens gibt es kein solches Ding wie ein eindeutig bestimmtes Gemeinwohl, über das sich das ganze Volk kraft rationaler Argumente einig wäre oder zur Einigkeit gebracht werden könnte." (1950, 399)
  2. Selbst wenn, eine Konkretisierung des Gemeinwohls wäre nicht möglich: "Selbst wenn aber zweitens ein hinreichend bestimmtes Gemeinwohl [...] sich als für alle annehmbar erwiese, würde dies nicht ebenso  bestimmte Antworten auf einzelne Probleme implizieren." (1950, 400)
  3. Gibt es kein Gemeinwohl bzw. keine mögliche Einigkeit über die Mittel die zur Herbeiführung des Gemeinwohls führen, so verflüchtigt sich auch die Idee des Volkswillens, "denn dieser Begriff setzt die Existenz eines eindeutig bestimmten Gemeinwohles voraus, das von allen erkannt werden kann." (1950, 400) Also: So etwas wie den Willen des Volkes gibt es nicht. Es ist eine mystische Fiktion. (s.u.5.)
  4. Es trifft weder zu, dass die Individuen regelmäßig bzw. in größerem Umfange über die politischen Angelegenheiten gut informiert wären, noch dass sie ihre Entscheidungen mit großer Rationalität fällten. Zur Vorstellung des mündigen Bürgers in der Politik:"So fällt der typische Bürger auf eine tiefere Stufe der gedanklichen Leistung, sobald er das politische Gebiet betritt. Er argumentiert und analysiert auf eine Art und Weise, die er innerhalb der Sphäre seiner wirklichen Interessen bereitwillig als infantil anerkennen würde. Er wird wieder zum Primitiven. Sein Denken wird assoziativ und affektmäßig." (1950, 416f.)Vgl. den Abschnitt III. Die menschliche Natur in der Politik (1950, 407-420). Zudem gibt es keine überall und jederzeit gleichartige Rationalität. Vernunft ist an Raum und Zeit gebunden. 
  5. Es ist nicht so, dass der "Volkswille" die Politik bestimmte, sondern eher umgekehrt, "Gruppen, die Privatinteressen verfolgen" bestimmen den Volkswillen: Sie sind fähig, "den Volkswillen zu formen und innerhalb sehr weiter Grenzen sogar zu schaffen. Wir sehen uns bei der Analyse politischer Prozesse weithin nicht einem ursprünglichen, sondern einem fabrizierten Willen gegenüber. Und oft ist es einzig dieses Artefakt, das in Wirklichkeit der volonte generale der klassischen Lehre entspricht." (1950, 418)

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